Für viele sei Gott kein Thema mehr. Die Religion verliert aktuell massiv an Bedeutung. Es sind gesellschaftliche Prozesse der Pluralisierung, die im Grunde das Christliche, das Katholische nicht mehr als einzig mögliche Deutung des Lebens der Welt erscheinen lassen. Und zum anderen sind es die Kirchen selbst. Das, was die Menschen von heute sagen, was sie bewegt, bis hin zur Frage nach dem Sinn des Lebens - das wird im Grunde kaum noch thematisiert. Für Einzelseelsorge ist gar keine Zeit mehr, nur noch für Kollektivseelsorge, für die Strukturen, die jetzt umgebaut werden müssen. Nicht mehr Wachstum im Glauben, Wachstum der Kirche, sondern Schrumpfung.
Lasst uns mehr über Glauben sprechen,
zusammen neu durchbuchstabieren und neu erfahren,
welche Dimensionen der christliche Glaube für unser Leben eröffnet.
Denn nur, wenn wir selbst diese Erfahrung haben, können wir sie auch weitergeben.
(von Bischof Heinrich Bedford-Strohm, EKD-Ratsvorsitzenden)
Es ist heute nicht mehr automatisch so, dass man zu einer Kirche gehört. Menschen müssen oder wollen sich heute eben entscheiden, für oder gegen die Kirche. Damit verliert die Kirche an Quantität, dies aber kann als eine Einladung sein, an der Qualität zu arbeiten - der Qualität der Verkündigung, der Lehre, der Caritas, der Theologie und der Seelsorge. Der Mainzer Bischof will kein Bischof sein, um die Kirche abzuwickeln, sondern um an den lebendigen Gott zu erinnern, der auch heute in der Kirche lebt und wirkt. Und dafür müssen alle an zeitgemäßen Strukturen arbeiten. Form und Inhalt gehören zusammen.
Erneuerung der Kirche ist Renaissance, nicht Restauration.
(von Kardinal Reinhard Marx im Jahr 2010)
Offenbar werden Konzepte empfangen und geboren, sie haben mehr mit Lebendigkeit als mit Technik, mehr mit Schenken als mit Konstruieren zu tun. Wenn Gott also das Projekt „Erneuerung“ der Welt und der Menschheit angehen will, dann braucht es ein Konzept, das ganz und gar mit unserer Freiheit rechnet und auf sie baut. Gott will die Erneuerung von innen her und von Grund auf. Er will seinem Sohn als Bild des neuen Menschen den Weg zu uns bahnen.
Der Zustand der Kirche erinnert an abgestorbenen Fichtenwald in einer forstwirtschaftlichen Monokultur. Der religiöse Grundwasserspiegel sei abgesunken. Glaubenswissen und Glaubenspraxis verschwinden immer mehr. Über Jahrhunderte lebten wir selbstverständlich in einer christlichen Kultur. Nun sei sie dabei abzusterben. Das hätte vielfältige Gründe. Einen entscheidenden Grund sei in der gewissen religiösen Monokultur in der Kirche zu sehen. Es mehren sich die Anzeichen, dass am Ende nur noch eine vertrocknete, tote Struktur übrig bleiben könnte – wie die toten Stämme in den einst so stattlichen Wäldern.
Reformen sind ein Weg in die Zukunft.
Wenn sie sich jedoch in der Gegenwart
auf Reparaturarbeiten vom Gestrigen fokussieren,
wird es nicht zum Segen für die nächsten Generationen.
(von Bruno Kulinsky)
Der Mensch hat ein lebensnotwendiges Bedürfnis nach Geborgenheit, Zugehörigkeit und Halt. Die moderne Welt mit ihrem „Höher – Schneller – Besser“ und dem Bedürfnis, ja nichts zu versäumen, kurbelt das Lebenstempo unablässig an und macht uns zu gehetzten, ruhelosen Menschen. Permanente Anforderungen, Komplexität des Lebens und digitales Kommunizieren führen mancherorts zu Überlastung und einem tiefen Wunsch nach Ruhe und Erholung. Der Theologe Karl Rahner hat gerade die Fähigkeit, Spannungen im Leben aushalten zu können, zum Kennzeichen des christlichen Glaubens gemacht.
Wir sind nicht auf der Erde, um ein Museum zu
hüten,
sondern um einen Garten zu pflegen, der von blühendem Leben strotzt
und für eine schöne Zukunft bestimmt ist.
(von Papst Johannes XXIII)
Du warst einmal ein kleines Kind, und die Umstände, in denen Du geboren wurdest, die Menschen, die am Anfang bei
Dir waren, sind Teil Deines Schicksals, Deiner tiefen Lebensgeschichte. Es war einmal, dass Du in eine Welt hineingestellt wurdest und tiefe Dinge erlebt hast: Kämpfe, Abenteuer, Freude, Glück
und Schmerzen. Und wenn Du Glück hattest, dann waren schon die Menschen Deines Anfangs, Deiner Familie solche Menschen, die Dich wirklich und bedingungslos geliebt haben. Wie gut ist es, wenn
Vater und Mutter sich lieben, wenn eine Ehe gelingt in allen Aufs und Abs des Lebens. Und wenn sie gemeinsam ihre Kinder lieben und erziehen.
Glaube ist weniger das Fürwahr-Halten von Glaubenssätzen
als vielmehr eine lebendige Beziehung zu Gott.
(Quelle/Autor unbekannt)
Wer nicht will, dass Religion und Glaube langweilig, nichtssagend und nichtsbringend werden, wer erfahren will, wie
energetisierend, kraft- und sinnschenkend ehrlich gelebte Spiritualität sein kann, wer der Sehnsucht seines Herzens traut und das Suchen und Finden nicht aufgibt, der wird im Laufe seiner
Lebenswanderschaft erfahren, dass der Weg in die Stille in ein weites Land führt, das einen im grauen Einerlei des Alltages Regenbogenfarben schenkt, klare und reine Luft zum Aufatmen zufächelt
und überreich Nahrung bereit hält, die einen wirklich nährt. Und letztlich auch der Raum für Gottesbegegnung ist.
Warum schweigen eigentlich die Kirchen zu Corona, wo sie doch sonst um kein Wort verlegen sind, wenn es um Politik und Gesellschaft geht? Gibt man in diesen Tagen die Stichworte „Kirchen/Corona“ in die Internet-Suchmaschinen ein, ist die Rede von abgesagten Gottesdiensten, geschlossenen Kirchen und Gemeindehäusern und Gesundheitstipps. Als handele es sich um eine Eventagentur oder eine Krankenkasse. Die Kirchen drohen sich in diesen Tagen der Angst in Bedeutungslosigkeit verabschiedet zu haben. Dabei wären jetzt die Kirchen bei ihrem Markenkern gefragt: Ein flammender Aufruf zum Gebet, zum Gottvertrauen und zu einer Gelassenheit, die nur Jesus Christus schenken kann.
Die Kirche muss sich selbst viel mehr als Sakrament,
als Weg und Mittel betrachten, nicht als Ziel und Ende.
(von Alfred Delp / kath. Priester, in KZ ermordet)
Es fehlt die ganzheitliche, mehrdimensionale Sicht, dadurch geht die Analyse der Krise nicht tief genug. Die Ursachen und die Historie der Entwicklung bis heute und der veränderte Mensch in unserer Gesellschaft werden so gut wie nicht beachtet.
Aufhalten können die Kirchen den Abwärtstrend nur,
wenn sie sich auf ihre wesentliche Botschaft besinnen
und den Mut haben, dem Zeitgeist entgegenzutreten.
(von Johannes Dyba / dt. kath. Theologe, Ex-Bischof von Fulda)
Die Erneuerung der Kirche geht alle an, das ganze Volk Gottes mit seinen vielfältigen Mitgliedern, den Gemeinden vor Ort, den religiösen Gemeinschaften, den Priestern und Bischöfen, den Einzelnen und Gemeinschaften, auch der Papst braucht die Erneuerung immer wieder – alle eben und das Ganze der Kirche ebenso.
Leben aus dem Vertrauen in Gott muss seine Relevanz für heute zeigen, um ein Zeugnis sein zu können. Was Wahrheit bedeutet, bedarf der Vermittlung in die verschiedenen Zeiten, Kulturen und Denkweisen hinein. Im Lebenszeugnis wie im Wort muss Christsein immer wieder neu ausgedrückt werden.
Die Kirche der Zukunft
muss vor allem eine Kirche lebendiger Spiritualität sein.
(von Karl Rahner / dt. kath. Theologe, Religionsphilosoph)
Wir fragen uns vielleicht immer wieder: Warum tun sich Menschen so schwer zu glauben? Warum können sie so schwer glauben, dass Jesus der Sohn Gottes ist, das „Licht der Welt“, wie er sich selbst im Evangelium bezeichnet hat. Weil viele versuchen rein rational, rein verstandesmäßig an die Person Jesu heranzugehen. Doch das läuft ins Leere. Ich werde so immer nur an der Oberfläche bleiben, aber nicht an das Eigentliche des Glaubens kommen. Deshalb wird es nie möglich sein, jemand rein rational, rein durch Argumente oder Wissen zum Glauben zu bewegen. Wer das bis jetzt versucht hat und es hat nicht funktioniert, dann soll er/sie sich keine Vorwürfe machen – es wird nicht funktionieren.
Wir müssen neue Wege suchen,
um unsere Botschaft zu verkünden.
(von Georg Sterzinsky / dt. kath. Theologe, Ex-Erzbischof von Berlin)
„Liebes Christentum, was mir an Dir gefällt: Der Mensch, der Dich verursachte, hat kein Buch geschrieben, keinen Katechismus, keinen Katalog von Glaubenssätzen, keinen Codex kirchlicher Verwaltungsvorschriften. Das ist erstaunlich riskant. Es ist geradezu tollkühn. Da kommt ein unbehauster Wanderprediger und sagt von sich, er sei “der Weg, die Wahrheit und das Leben” und schreibt nicht einmal ein Buch, in dem alles authentisch und dauerhaft verzeichnet wäre. Was tut er stattdessen? Er sorgt für ein paar Ereignisse und erzählt Geschichten, die jeder auf seine Weise verstehen oder missverstehen kann. Er tröstet und heilt, er ermutigt und befreit, er glaubt nicht an ausweglose Situationen. Er attackiert sogar die Katechismusschreiber und Regelwerker seiner Zeit, bis er ihnen auf die Nerven geht und sie ihm den Prozess machen. An Deinem Anfang steht also keine Lehre, sondern ein Leben."
Wie lerne ich glauben? Indem ich vom Glauben höre, indem ich mich in den Glauben einübe, indem ich meinen Glauben in Freiheit praktiziere. Der Glaube beginnt mit Erzählen und Hören. Nur wenn ich meinen Glauben übe, Erfahrungen mit ihm sammle, entwickelt er sich weiter und vertieft sich. Dann zeigt sich, ob sich die Gebete, Lieder und Verhaltens-weisen, die ich einmal gelernt habe, bewähren. Ob sie der Herausforderung standhalten, ob sie wirklich trösten. Nur wenn ich meinen Glauben übe, werde ich ihn auch nutzen können, wenn ich ihn brauche. Durch äußeren Vollzug prägt sich der Glaube im Inneren ein.
Die Religion spielt heute eine größere Rolle bei der Sinnsuche als vor 20 Jahren. Es ist erstaunlich, wie stark das Interesse verschiedener Disziplinen an der Religion gewachsen ist – sagt Wolfram Weiße, Direktor der Akademie der Weltreligionen. Er sieht auch in der christlichen Religion ein großes Potenzial und zwar dann, wenn sie sich wieder stärker auf ihre Ursprünge besinnt und fragt: Was hat Menschen so bewegt, dass sie sich dieser Religion angeschlossen haben, dass sie mit alten Lebensentwürfen gebrochen und sogar Verfolgung auf sich genommen haben? Was war die Faszination, was waren die Kernbotschaften? Darüber hinaus müssen die Religionen am Puls der Zeit sein und sich fragen: Was bedrückt Menschen, wo brauchen sie Unterstützung? Wo können wir ihnen Räume eröffnen, Impulse für Lebendigkeit geben? Eine Lebendigkeit, die nicht ausgerichtet ist auf Karriere und Leistung, sondern auf das, was Menschen am Herzen liegt.
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Die Kirche hat nicht den Auftrag, die Welt zu verändern.
Wenn sie aber ihren Auftrag erfüllt, verändert sich die
Welt.
(von Carl Friedrich Freiherr von Weizsäcker / dt. Physiker und Philosoph)
"Eine Wahrheit kann erst wirken, wenn der Empfänger für sie reif ist. Nicht an den Wahrheiten liegt es daher, wenn die Menschen noch so voller Unweisheit sind." Diese Erkenntnis stammt von dem dt. Dichter und Schriftsteller Christian Morgenstern. Bezogen auf die geistige Erneuerung in unserer Gesellschaft und die Neuevangelisierung bedeutet das, dass in erster Linie die frohe Botschaft, das Evangelium, nicht zeitgemäß ist, sondern, dass die Menschen womöglich nicht reif genug zum Empfangen dieser Botschaften sind.
Die Kirche kann sich nicht wie ein Unternehmen verhalten,
das sein Angebot ändert, wenn die Nachfrage nachlässt.
(von Karl Lehmann / Ex-Bischof von Mainz)
Kirche und Gesellschaft stehen gleichermassen an einem Wendepunkt. Ohne den tatkräftigen Willen zur Erneuerung werden wir weder die gegenwärtige Krise unserer Kirche überwinden noch die gesellschaftlichen und politischen Herausforderungen in unserem Land und in der globalisierten Welt bewältigen. Dabei gehe es nicht in erster Linie um die Institution Kirche, sondern um den Glauben, den die Kirche den Menschen zu bringen habe.
Jesus Christus will nicht Bewunderer,
sondern Nachfolger.
(von Sören Kierkegaard / dänischer Theologe und Philosoph)
Echte Seelsorge hat nachhaltige Ziele. Ihr geht es nicht um Vorläufiges. Es genügt ihr nicht. Menschen zu interessieren und aufzurütteln, für Gottesdienste und Kirchen zu gewinnen, zu anregenden und lebendigen Gesprächskreisen heranzuholen oder in die Bibel einzuführen. Sie will nicht ein angeregtes, religiöses Leben, das mit biblischen Gedanken erfüllt ist, vermitteln. Alles das tut sie mit Freude. Sie weiß, das einem Menschen erst dann geholfen ist, wenn er in die persönliche Verbundeheit mit Jesus selbst gestellt wurde, so dass sein Leben eine lebendige Zwiesprache zwischen ihm und Jesus wird.
An Bedeutung der Gottesmutter Maria scheiden sich immer wieder die (menschlichen) Geister. Entscheidend ist m.E. aber auf welcher Ebene wir über den Glauben, Gott oder insbesondere über die Gottesmutter Maria diskutieren. Wenn es die theologische Ebene ist, dann werden wir uns sicherlich noch Jahrhunderte im Kreis drehen, denn dieser „Knoten“ oder diese Differenzen sind rationell oder wissenschaftlich motiviert und dadurch unlösbar. Diese Ebene ist für das gelebte Leben und den Lebensalltag eines Menschen aber auch völlig unbedeutend. Es kommt allein auf die lebendige Beziehung zu Gottesmutter, zu Maria, an.
Was bedeutet der Glaube, den Jesus meint, für uns Christen heute? Die Antwort ist einfach: Christsein heißt nicht, Glaubenssätze über Gott zu wissen und für wahr zu halten – das ist Voraussetzung für den Glauben und zugleich auch Wirkung des Glaubens – sondern der Botschaft Jesu glauben, dass Gott unser Vater ist und uns unbedingt liebt und dass es daher genügt, sich ihm und seiner Liebe wie Jesus und in Gemeinschaft mit Jesus unbebedingt anzuvertrauen und aus der Gemeinschaft mit ihm das Leben zuversichtlich und freudig zu wagen.
Schaede bedauert, dass viele Theologen und Kirchenleute heute vermeiden, eine Beziehung zu einem personalen Gott zu verkünden. Der Theologe sieht selbst keine Alternative zum Personenkonzept Gottes. Er meint, dass wir Menschen gar nicht anders können, als in der Religion in Bildern zu denken und zu sprechen. Das Bild "Person" erschließt an Gott Züge, die wir sonst nicht erkennen würden.
Die ökumenischen Visionen bleiben leider zu oft in strukturellen und theologischen Dimensionen hängen. Vereint sind aber die christlichen Kirchen in ihrem Glauben an den dreieinigen Gott und in der Nachfolge Christi. Die Ökumene findet da statt, wo wir uns Christen aus den verschiedenen christlichen Konfessionen begegnen und gemeinsam, aber mit unterschiedlichen Akzenten, eine Beziehung zum Gott des Lebens pflegen. Das ist für mich konkret gelebte Ökumene.